5.1 Kinosurround
Die Tonformate für Filme,Fernsehen und Musik waren lange Zeit völlig getrennte Produkte unterschiedlicher Industriezweige, die oft vollkommen isoliert voneinander arbeiteten. Aber das hat sich mittlerweile geändert. Die Popularität der Surround-Wiedergabe in den privaten vier Wänden hat all diese Tonformate näher zueinandegeführt. Und nun entwickeln sich mit der digitalen Mehrkanaltechnik noch intensivere Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Ansätzen der Tonwiedergabe; davon profitieren nicht nur die produzierenden Studios, sondern auch die Konsumenten: Die Reproduktion des ursprünglichen Schallereignisses umfaßt neben der Tonalität nun auch die Räumlichkeit.
Zurück zu den Ursprüngen
Die ersten kommerziell erfolgreichen Mehrkanal-Tonformate wurden 1950 für das Kino entwickelt. Damals setzte sich die Filmindustrie intensiv für die stereophone Wiedergabe und für neue Breitwand-Formate ein, weil sie sich von der Konkurrenz des rasch wachsenden Fernsehens bedroht fühlte. Im Gegensatz zur Zweikanal-Technik, die sich später für Heimanwendungen durchsetzte, startete der Film-Stereoton gleich mit mindestens vier Kanälen, und dabei blieb es auch. Filmformate wie das vierspurige CinemaScope (35 Millimeter) und das sechsspurige Todd-AO (70 Millimeter) speicherten den Mehrkanalton auf magnetisierbaren Streifen, die auf jede Kopie aufgebracht wurden. Um diese Magnetspuren wiedergeben zu können, wurden die Projektoren mit Abtastköpfen ausgerüstet, die den Köpfen von Tonbandgeräten ähnelten, und die Kinos erhielten zusätzliche Verstärker und Lautsprecher. Von Anfang an sahen die Film-Stereoformate mehrere Kanäle für die Frontseite vor, und mindestens einen Kanal, der über Lautsprecher im hinteren Teil des Kinos wiedergegeben wurde. Letzter wurde zunächst als Effektkanal bezeichnet, und er diente ausschließlich zur Wiedergabe gelegentlicher dramaturgischer Effekte, zum Beispiel von ätherischen Stimmen in religiösen Filmen. Manche Systeme schalteten diesen Kanal sogar mit Hilfe von Steuertönen aus, wenn er nicht gebraucht wurde, denn die entsprechende Tonspur war sehr schmal, und sie rauschte deshalb ziemlich stark. Obwohl die Begeisterung für die Film-Stereotechnik in den sechziger und siebziger Jahren nachließ, weil die Magnetstreifen-Formate sehr teuer waren und die Filmwirtschaft in einer Krise steckte, experimentierten die Toningenieure weiterhin mit dem Effektkanal. Formate wie der 70-Millimeter-Film mit sechs Magnetspuren (siehe blaue Textausschnitt) boten gleich hohe Signal-Rauschabstände auf allen sechs Kanälen. Deshalb konnten die Tontechniker den Effektkanal nutzen, um die Zuhörer ständig mit leisem Raumklang zu umgeben. So begann der Effekt-Kanal, zu einer realistischeren Wiedergabe beizutragen – und nicht mehr nur für gelegentliche Effekte bereitzustehen. Dieser erweiterte, natürlicher klingende Filmton wurde als Surround-Sound bekannt, und der Effektkanal hieß fortan Surroundkanal. Die zusätzlichen Lautsprecher an der Rückwand des Kinos – und später auch an den Seitenwänden, wo sie für eine diffusere Schallverteilung sorgen – etablierten sich in der Kinobranche als Surround-Lautsprecher.
In den 50er Jahren boten Filmkopien mit Soundtracks auf Magnetstreifen den ersten Mehrkanalton, den je ein Publikum zu hören bekam. 70-mm-Kopien zum Beispiel (A) hatten sechs Spuren, die ursprünglich für fünf identische Frontkanäle genutzt wurden und für einen Surroundkanal, der Lautsprecher an den Rück- und Seitenwänden des Kinos speist (B). Später wurden die Leinwände kleiner. Deshalb brauchte man nicht mehr unbedingt fünf Kanäle, um die Dialoge richtig Wiederzugeben. Dolby Laboratories schlug deshalb die oben abgebildete Konfiguration vor, die sich von den späten siebziger Jahren an als Standard etablierte: vorn die drei Hauptkanäle Links, Center und Rechts (1,3,5), ein Surroundkanal (6) und zwei "Bass Extension"-Kanäle für die ausschließliche Übertragung von tiefen Frequenzen (2,4). Darüber hinaus entwickelte Dolby eine Technik, die 70-mm-Kopien in die Lage versetzte, statt des üblichen einen Surroundkanals gleich zwei anzubieten. So wurde das "Stereo-Surround"-Format des 70-mm-Films zum Vorläufer des 5.1- Kanal-Surroundformats von Dolby Digital, das aus drei Frontkanälen, zwei Surroundkanälen und einem Tiefton-Effektkanal besteht.
70-mm-Magnetton: Vorläufer des heutigen
Digitaltons